Kalender und Adressbuch von Google wegmigrieren – leichter gesagt als getan

Dass ein Google-Kalender nicht die ideale Heimat für die eigenen Termine ist, wenn man auch nur ein klein wenig Wert auf Privatspäre im Internet legt, war mir schon lange vor der Bits&Bäume-Konferenz klar. Trotzdem habe ich den Umzug lange vor mir hergeschoben. Ein Text über die Hürden, die es dabei zu nehmen galt.

Google: bequem, “kostenlos”, Quasi-Standard

Als ich 2013 begonnen habe, meinen Kalender online zu führen, lag Google als Kalender-Server nahe. Es war damals wie heute der Quasi-Standard, mein Bewusstsein bezüglich Datenschutz war noch nicht so ausgeprägt und Alternativen wie Nextcloud waren kaum bekannt. Seither hat es mir oft Bauchschmerzen bereitet, mich so vor “Datenkrake” Google nackt zu machen, aber parallel zum Leidensdruck stieg auch die Abhängigkeit, so dass ich kaum einen ernsthaften Versuch gewagt hatte, meine Daten von dort umzuziehen. Der Versuch vor ein paar Monaten, die Kalenderdaten in eine Owncloud umzuziehen, scheiterte ohne nennenswerte Fehlermeldung, und so legte ich das Thema wieder auf Eis. Verschiedene Vorträge auf der Bits&Bäume-Konferenz gaben schließlich den Anstoß, es noch einmal zu versuchen.
Als neue Heimat für meine Adress- und Kalenderdaten hatte ich zunächst Nextcloud im Blick. Aber weil die neu gewonnenen Erkenntnisse auch meinen Mailanbieter web.de nicht mehr all zu gut dastehen ließen, entschied ich mich nach langem Abgleich von Featurelisten, alle Daten bei mailbox.org zusammenzuführen.

Kalender-Import: Glücksspiel und eine Menge Handarbeit

Insgesamt waren drei Kalender zu übernehmen. Der Import des ersten lief problemlos durch, beim Import des zweiten erschien folgender Fehler:
Daten nur teilweise importiert (273 von 274 Einträgen)
Der angezielte Einzeltermin ist nicht Teil des Serientermins. Bitte wählen sie eine gültige Serien-ID und versuchen Sie es erneut.
Da ich meine Kalender intensiv als “digitales Langzeitgedächtnis” nutze, war ein lückenloser Umzug Pflicht. Leider gibt mailbox.org aber keine näheren Informationen zum betroffenen Termin aus. Also exportierte ich den soeben importierten Kalender in eine neue Datei, installierte in Notepad++ das Add-On “Compare” und ließ es auf die beiden Dateien los. Nach ein paar Minuten hatte ich den Übeltäter gefunden: ein (wie ich jetzt sehen konnte) unwichtiger Termin, bei dem die Ausnahmen aus einer Serie durcheinandergeraten waren. Nach Löschen dieser Serie, erneutem Export in Google und erneutem Import in mailbox.org wurde der Kalender tatsächlich anstandslos übernommen.
Nun hatte ich bloß noch den dritten Kalender vor mir – und leider machte auch der Probleme:
Daten nur teilweise importiert (6401 von 6496 Einträgen)
Einen kaputten Termin zu suchen war okay – 95 aber nicht mehr. Also griff ich zu einer weiteren List:
Ich nutzte die Suchfunktion von Notepad++, um im Quellkalender nach “Summary” zu suchen – das ist die Betreffzeile des Termins. Mit Klick auf “alle in aktiver Datei suchen” öffnet sich ein Bereich, der die Treffer (also nur die Betreffzeilen) auflistet. Diese Liste konnte ich in ein neues Dokument kopieren, das selbe tat ich mit dem Export aus dem mailbox.org-Kalender.
Diese beiden Extrakte öffnete ich ihrerseits in Notepad++ und verglich auch sie. Durch das Reduzieren auf die Überschriften waren die betroffenen Termine schnell auszumachen und ich konnte an die Bereinigung gehen.
Dabei ging es fast immer um logische Fehler in Serienterminen, und ich stieß schnell auf das Muster: meist handelte es sich um Terminserien mit einer Ausnahme, die außerhalb der Serie lag. Man kann sich darüber streiten, ob man Googles stillschweigender Nachsichtigkeit oder der Forderung nach Klarheit seitens mailbox.org mehr abgewinnen kann. Unstrittig ist, dass ein Termin à la “täglich von Montag bis Mittwoch, außer Freitag” keine saubere Sache ist.
Nach der Korrektur des x-ten Termins entscheide ich mich aber schließlich selbst für Nachlässigkeit und gegen die 100%-Migration. Ich weiß ja jetzt, welche Termine nicht (vollständig) übernommen werden. Und wenn ich’s ganz genau wissen will, habe ich immer noch den Quelltext der Kalender-Exportdatei, den zu lesen ich zwischenzeitlich ziemlich geübt bin.

Kalenderdaten erfolgreich bereinigt – wie schlagen sich andere Anbieter im Vergleich?

Zu guter Letzt interessierte mich  noch, wie Nextcloud und posteo.de mit den vermurksten Daten klarkommen.
Nextcloud meldet nach einigen Minuten: “5447 von 6384 importiert, 937 Fehler” – die Abweichung in der Gesamtzahl (Notepad++ zählt 6495 Termine) stimmt nachdenklich; ebenfalls die Tatsache, dass beim vorangegangenen Versuch mit der exakt selben Datei 6299 Termine gezählt worden waren. Dass nach Ende des Importvorgangs nur ein kleiner Bruchteil der Termine im Web-Frontend zu sehen ist, wundert mich dann aber doch.
Noch weniger überzeugt mich dagegen posteo.de: nach Abschluss des Imports gibt es keine Fehlermeldung – und nicht einen einzigen importierten Termin. In der Hilfe finde ich immerhin den Hinweis, dass die Importroutine “bei Wiederholterminen Fehler produzieren” kann und an einem Update gearbeitet wird. Als Ausweichlösung wird der Import über einen CalDAV-Client wie Thunderbird empfohlen. Klingt nach einer plausiblen Lösung, also versuche ich auch das noch. Mit Posteo klappt der Import eines einzelnen Testtermins auf diesem Weg beim zweiten Anlauf, in der Nextcloud tut sich mit diesem Kniff gar nichts.

…und dann noch das Adressbuch

Nach erfolgreicher Migration meiner Kalender sollte nun noch mein Adressbuch zu mailbox.org umziehen. Auch hier gibt es ein paar Hürden zu nehmen, bis die Synchronisation mit Thunderbird klappt. Zunächst der Export: Google bietet dort drei Formate an. Egal, welches man wählt: mailbox.org kennt leider keine “privaten” oder “geschäftlichen” Mailadressen, sondern nur “E-Mail1” und “E-Mail2”; die ganz wagemutigen können sich via “alle Felder anzeigen” noch “E-Mail3” einblenden lassen. Diese Kategorisierung geht beim Umzug also unweigerlich verloren.

Für die Migration ist vCard das Format der Wahl. Die Zuordnung der Mailadressen war mir nicht ganz nachvollziehbar – oft blieb “E-Mail1” leer und die einzige Adresse stand in “E-Mail2”. Beim Versuch mit einem CSV-Import sah das anfangs besser aus – dafür konnte Thunderbird mit den auf diesem Weg importierten Adressen so gar nichts anfangen.

Der zweite Schritt ist die Einbindung in Thunderbird. Der erste Ansatz – ein Link namens “Ihr Gerät verbinden” im Web-Frontend von mailbox.org führt in die Irre – dort wird lediglich ein Synchronisations-Desktopclient angeboten. Auch der Hilfeartikel CalDAV und CardDAV für sonstige Geräte hilft nicht weiter: CardDAV wird dort – abgesehen vom Titel – mit keinem Wort erwähnt.

Fündig wird man schließlich bei CalDAV / CardDAV für Mac OS X und iOS – dort erfahren wir, dass der Adressbuchserver https://dav.mailbox.org:443 heißt.

Weil ich in Thunderbird zunächst keine Option finde, ein Adressbuch per CardDAV einzubinden, will ich auch schon fast wieder das Handtuch werfen, lese dann aber in der Thunderbird-Hilfe explizit von einer Adressbuch-Synchronisation mit mailbox.org. Mit dem erwähnten SoGo-Connector habe ich in der Vergangenheit nicht die besten Erfahrungen gemacht; stattdessen installiere ich zwei andere Add-Ons: Tbsync für die grundlegende Schnittstelle; außerdem Provider für CalDAV & CardDAV.

Gut versteckt ist zuletzt auch die Konfiguration dieser Plugins: Extras>Add-on-Einstellungen>Tbsync. Dort Server und Zugangsdaten eintragen und abschließend rechts unten auf “Konto aktivieren & mit dem Server verbinden” klicken. Geschafft!

Fazit: Raketentechnik trotz offener Standards?

Einstweiliges Fazit: Kalender und Adressen zu migrieren scheint richtig Raketentechnik zu sein. Aufgrund bewährter Schnittstellen wie vCard und CSV hatte ich mir das einfacher vorgestellt.
Von den abschließenden Tests hatte ich mir das beruhigende Gefühl erhofft, dass ein künftiger Umzug – jetzt, wo die Daten einmal bereinigt sind –  zuverlässig laufen würde. Zurück bleibt stattdessen das Gefühl, dass ich mit einer Menge Glück meinen A… zu mailbox.org gerettet habe, der nächste Umzug aber wieder ebensoviel Schweiß und Haareraufen bedeuten könnte.

Nachtrag

Erst nach diesen Bemühungen las ich, dass mailbox.org an der Integration eines großen Updates der Kalendersuite arbeitet – ausgerechnet während meiner Migrationsversuche. Es besteht also Hoffnung, dass sich manche Ungereimtheiten noch auflösen.

3 Antworten auf „Kalender und Adressbuch von Google wegmigrieren – leichter gesagt als getan“

    1. Oh, sehr zufrieden.
      Das einzige, was nicht klappt: via Thunderbird kann ich Termine nachträglich nicht von einem in einen anderen Kalender verschieben. Via Smartphone und Web-GUI geht das. Habe mich aber inzwischen damit arrangiert…

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